Stresemann und Briand

Stresemann und Briand

 

Die Namen Aristide Briand (Frankreich) und Gustav Stresemann (Deutschland) sind eng verknüpft mit dem Vertragswerk von Locarno, das im Wesentlichen aus dem Zusammenwirken der beiden Staatsmänner und in Übereinstimmung mit dem britischen Außenminister Sir Joseph Austen Chamberlain (1863-1937) zustande gekommen war.

 

Aristide Briand (1862-1932) war Advokat und Journalist. Er gehörte zwischen 1906 und 1932 neunzehn Jahre lang der französischen Regierung als Außenminister oder Ministerpräsident an. Briand war einer der ersten Politiker Frankreichs, die nach dem Kriege für eine Versöhnung mit dem ehemaligen Kriegsgegner Deutschland eintraten.

 

Gustav Stresemann (1878-1929) gehörte dem deutschen Reichstag seit 1907 als Abgeordneter der Nationalliberalen Partei an. Während des Krieges vertrat er annexionistische Kriegsziele und gründete 1918 die monarchistische Deutsche Volkspartei (DVP). Als Mitglied der Nationalversammlung und des Reichstages wandelte er sich jedoch zum Befürworter des Weimarer Staates. Als Kanzler einer großen Koalition brach er im Krisenjahr 1923 den Widerstand gegen die französische Ruhrbesetzung ab, um aus Einsicht in das realpolitisch Mögliche die Voraussetzungen für eine neue Phase der Politik zwischen den Alliierten und Deutschland zu schaffen. Als Außenminister in den folgenden Regierungen setzte er diese Politik der Versöhnung fort.

 

Briand und Stresemann gelang in Locarno ein Abkommen, das von den von Kriegsfeindschaft diktierten Pariser Friedensverträgen wegführte und vom Geist der Freundschaft zwischen den beteiligten Staatsmännern geprägt war. Beide Politiker wurden 1926 (Chamberlain bereits 1925) wegen ihrer Verdienste mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Sie mussten ihre Politik der behutsamen deutsch-französischen Annäherung gegen den erbitterten Widerstand reaktionärer Kräfte im jeweils eigenen Land durchsetzen. So konnte Briand seinen Landsleuten die vorzeitige Räumung des Rheinlandes nicht plausibel machen, die Stresemann als großen außenpolitischen Erfolg der bedrohlich gewachsenen Rechtsopposition hätte entgegenhalten können. Beide Politiker waren noch 1928 an dem Zustandekommen des Briand-Kellogg-Paktes maßgeblich beteiligt, mit dem eine einhellige moralische Verurteilung des Krieges ausgesprochen wurde. Der plötzliche Tod Stresemanns im Oktober 1929 hat die Fortführung der deutsch-französischen Zusammenarbeit im Sinne des briandschen Europagedankens jäh beendet.